Deichmörder by Berg Hendrik

Deichmörder by Berg Hendrik

Autor:Berg, Hendrik
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2014-01-30T16:00:00+00:00


26

Nordfriesland

Er hatte es geschafft. Er wusste, wo Eva jetzt lebte. An der Nordsee. In einem kleinen Dorf.

Er konnte sein Glück immer noch nicht fassen. Sie hatten ihm Eva weggenommen und ihn damit in ein tiefes Loch gestürzt. Aber er war zurückgekommen. Die dunklen Tage waren vorbei. Auf einmal schien die Zukunft, sein ganzes Leben voller Licht.

Eva.

Er würde sie wiedersehen. Schon ganz bald. Er starrte auf seine Hände. Sie zitterten, so aufgeregt, so aufgewühlt war er. Er ballte sie zu Fäusten, schloss die Augen und spürte, wie eine neue Kraft wie Strom durch seinen Körper fuhr.

Keiner konnte ihn aufhalten. Er würde Eva wiederfinden. Sie war sein Schicksal. Und er das ihre!

Wer hatte da gesagt, er wäre dumm? Nein, er war nicht dumm, ganz im Gegenteil.

Die Briefträgerin. Er hatte sie auf einem der Fotos gesehen. Im Vordergrund hatte Eva gestanden, im Hintergrund die Postbotin mit Evas Mann neben seinem schwarzen Porsche. Auf dem Bild war deutlich zu sehen, wie sie den Angeber angehimmelt hatte. Und das Schwein hatte zurückgelächelt, hinter dem Rücken seiner Frau, die nur ein paar Meter entfernt stand, mit den Einkaufstüten in der Hand.

Er war nach Schöneberg gefahren, um die Briefträgerin nach der neuen Adresse der Beckers zu fragen. Wenn jemand Bescheid wusste, dann sie. Zuerst hatte sie etwas abweisend reagiert, aber dann hatte er behauptet, ein guter Freund von Evas Mann zu sein. Er wolle ihm unbedingt ein paar Fußballkarten für das Spiel Hertha gegen HSV schicken. Er wusste, dass der Kerl HSV-Fan war – hinten auf seinem Porsche klebte eine kleine Raute.

Schließlich hatte die kleine Briefträgerin ihm verraten, was sie wusste.

»Ein Dorf nördlich von Husum mit -büll am Ende.«

»Mit Büll?«

»Tut mir leid, mehr weiß ich auch nicht.«

»Schon gut«, hatte er freundlich gesagt und einen Werbeprospekt aufgehoben, der ihr aus Versehen heruntergefallen war. »Sie haben mir wirklich sehr geholfen, vielen Dank.«

Dann hatte er ihr frech zugezwinkert. Sie hatte verlegen den Blick gesenkt, ihre Sachen zusammengerafft und war zum nächsten Hauseingang gezogen.

Natürlich hätte er gerne die genaue Adresse gewusst. Aber trotzdem war er sehr zufrieden über seinen Erfolg. Nordfriesland war nicht Berlin, so schwierig konnte es doch nicht sein, dieses kleine Dorf zu finden!

Zum wiederholten Mal holte er seinen Auto-Atlas heraus und betrachtete die entsprechende Seite, fuhr mit seiner Hand über das Papier, als hätte er eine kostbare Schatzkarte vor sich liegen.

Insgesamt erschien ihm der Küstenverlauf mit den vielen Inseln und Halligen recht unübersichtlich. Zum Glück konnte er bei seiner Suche auf dem Festland bleiben. Nördlich von Husum gab es mehrere kleine Orte mit -büll am Ende, wobei er Niebüll schon mal ausklammern konnte. Ein Dorf, hatte die Briefträgerin gesagt, und Niebüll sah eher wie eine kleine Stadt aus.

Er war noch nie an der Nordsee gewesen. Die Aussicht auf unbeständiges Wetter, Sturm und Regen, schreiende Kinder am Strand und Fischessen war wenig verlockend. Aber mit Urlaub würde sein Ausflug auch nichts zu tun haben. Ja, er würde nach Nordfriesland fahren. Er war sicher, das Schicksal, das Eva und ihn zusammengeführt hatte und das ihm jetzt ihren neuen Aufenthaltsort verraten hatte, würde ihn auch in Nordfriesland nicht im Stich lassen.



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